Sonntag, 21. Juni 2015

Wer schlachtet die Kuh die goldene Eier legt?




Eben habe ich mal wieder (wie schon so oft in den vergangenen 25 Jahren) einen Tipp zur erfolgreichen Behandlung der Multiple sklerose bekommen.

Dieses Mal geht es um ein bei Amazon gelistetes Buch, das einmal mehr eine Heilung in Aussicht stellende Diät anpreist.
Wie immer schon, gibt es natürlich auch die ersten MS erkrankten, die nur die allerbesten Erfahrungen gemacht haben und die diese Diät wärmstens empfehlen. 

Man bekommt sofort das Gefühl vermittelt, dass man schleunigst alles tun müsste was hier vorgeschlagen wird, und schon ist man die Krankheit los.
Vielmehr noch, sollte man nicht auf diese neueste aller Erkenntnisse eingehen, und natürlich das Buch kaufen, sowie sämtliche weiterführende Literatur dazu, dann handelt man geradezu sträflich dumm. 

Es ist nicht so, dass ich es ausschließe, dass die eine oder andere Therapie außerhalb der Schulmedizin nicht Linderung oder Verbesserung bewirken kann...  Doch welche der hunderte von Wundertherapien ist denn die richtige? 

Meine Erfahrung von immerhin 25 Jahren mit MS und der Kenntnis von mehreren hundert MS Patienten zeigt mir allerdings, dass noch nicht einer von ihnen geheilt wurde, weder durch die Schulmedizin, noch durch alternative Methoden. 

Im Gegenteil, einige sind inzwischen nicht mehr unter uns oder verbringen ihre Tage in Pflegeeinrichtungen. 

Ein Beispiel dazu ist eine Mitpatientin die ich im Rollstuhl sitzend kennen lernte, unfähig daraus aufzustehen.
Ein Jahr später kam sie mir mit nur einem Gehstock bewaffnet entgegen und verkündigte freudig, dass sie Noni Saft tränke und sie jetzt dann gesund sei.  Die monatlichen Kosten würden sie zwar ruinieren, aber Geld sei ja nicht Alles. 

Da hatte sie absolut recht, und ich freute mich auch sehr für sie.
Das nächste mal als ich sie traf, saß sie in einem Pflegerollstuhl und musste sich das Essen aus dem Mundwinkel putzen lassen.

Allerdings sind die von der Schulmedizin angebotenen Mittel keineswegs besser.
Allerdings nochmals deutlich teurer. 

Schon Mitte der 90er wurde versprochen, dass in fünf Jahren die Krankheit wohl besiegt sei (welch martialischer Begriff)
Heute, 25 Jahre späte, gibt es neue Medikamente, aber immer noch genauso viele Erkrankte. 

Jetzt stelle ich mal ein paar ketzerische Thesen auf. 

In der Betriebswirtschaft gibt es den Begriff der "Cash-Cow".
Damit sind diejenigen Produkte eines Unternehmens gemeint, die die Kosten für Ihre Entwicklung, ihre Markteinführung und ihre Maschinen schon eingespielt haben und die deshalb nur noch Geld einbringen.
Sie können gemolken werden. 

Ganz ähnlich verhält es sich mit den Medikamenten für MS.
Die imens hohen Preise für diese Medikamente werden von der Pharmaindustrie immer mit den Hohen Kosten für Forschung und Entwicklung, sowie für die Studien und Zulassungsprozeduren begründet. 

Dies stimmt schon, doch sind diese Kosten einmal amortisiert, dann verdient die Pharmaindustrie dickes Geld.
Die Medikamente werden zu Cash Kühen. 

Aus diesem Grund hat die Industrie auch Interesse daran diese Medikamente möglichst lange am Markt zu halten.
Nicht umsonst sind die Unternehmen die erfolgreich Medikamente für MS platziert haben wahre Renner an der Börse. 

Denn es kommt noch etwa entscheidendes dazu.
Jedes Produkt braucht auch Kunden und da sind MS Patienten eine äußerst dankbare Kundengruppe. 

Warum? 

Wir warten auf das Produkt, wir wollen es haben. Wir wollen Hoffnung. Und Das, ohne dass die Industrie etwas dafür tun muss. 

Die MS ist diejenige schwere Erkrankung mit potentiell tödlichem Ausgang mit der längsten "Halbwertszeit". 

Damit meine ich diejenige Zeit in der Patient Medikamente benötigt, oder in der er mit neuer Hoffnung ausgestattet werden kann, die ihn für neue Therapien zugänglich macht. 

Sagen wir mal, ein Patient bekommt mit 30 die Diagnose und stirb mit 65 (der verkürzten Lebenserwartung Rechnung getragen) 

Damit ist er automatisch für 35 Jahre zum treuen Kunden geworden, der nur darauf wartet mit neuen Medikamenten, neuen Therapien, neuen Hilfsmitteln versorgt zu werden. 

Und wir sind Kunden, die bereit sind nahezu jeden Preis für diese Hoffnung zu bezahlen. 

Lasst mich einfach mal kurz berechnen, von was wir da reden.
Ok, der MS Patient X hat also 35 Jahre MS.  Davon nimmt er 20 Jahre ein Medikament das monatlich 1.500€ kostet.
 
Das wären dann 18.000€ im Jahr, oder 360.000€ die X im Laufe seines Lebens Umsatz generiert. 

Wow..   Ist doch eine Hausnummer. 

Richtig schön wird es erst wenn wir mal ganz Deutschland nehmen.
Man geht von ca 150.000 MS Patienten in Deutschland aus.
Sind wir fair und nehmen an, dass nur zweidrittel davon Medikamente nehmen. 

Macht also 100.000 x 360.000
= 36.000.000.000€

36 Milliarden Euro!! 

Im Jahr sind das immer noch
1,8 Milliarden Euro

Nicht eingerechnet Kosten für Klinikaufenthalte, weitere Medikamente, Ärzte u.s.w 

Und nur in Deutschland. 

Wir sehen also :
MS ist nicht nur eine schreckliche Krankheit, sondern auch ein Multimilliarden Euro Geschäft an dem mehr Menschen verdienen, als es Patienten gibt  

Zum Schluss noch die kezerische Frage...
Wer hat Interesse diese Kuh zu schlachten, die ganz von alleine goldene Eier legt?

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