Dienstag, 15. September 2015

Wieder da aus der Anstalt

 Behandlungszentrum Kempfenhausen für Multiple Sklerose Kranke gemeinnützige GmbH header image 1
Wieder zurück. Zurück aus der MS-Klinik am Starnberger See. 

Es war mein 25ter Aufenthalt seit 1997. 

Irgendwie ist diese Klinik damit zu etwas wie meiner zweiten Heimat geworden. Erschreckend zwar, doch leider Realität. 

Ich kannte jedes Eck und bemerkte jede Veränderung, die es in den Jahren gegeben hat. 

Ich begrüßte die Menschen die dort arbeiten wie alte Bekannte und wurde ihrerseits begrüßt wie Einer der zurückkehrt.

Schön und erschreckend zugleich.

Ich habe es vor Jahren schon aufgegeben, mich endgültig von dieser Klinik verabschieden zu wollen, wissend, dass mich die MS immer wieder dorthin zurückspühlen würde. 

Zu sehr Realist um Wunder zu erwarten, weiss ich doch, dass es bislang immer gelang, die Symptome zu lindern die sich, of still und heimlich, eingeschlichen hatten.

Manchmal mehr, manchmal weniger ausgeprägt
.
Über die Zeit haben sich auch Freundschaften gebildet und ich habe genauso interessante Menschen kennen lernen dürfen, wie auch Andere auf die ich ebenso gut hätte verzichten können.

Kliniken sind Ghettos in denen Menschen zusammen kommen, die oft nichts gemeinsam haben als eben krank zu sein.

Eine Klinik in der man nicht geheilt werden kann, sondern nur bestmöglich behandelt, führt auch dazu, dass man immer wieder für eine kurze Zeit die selben Menschen trifft und dabei sehen muss, wie die Erkrankung deren Leben beeinträchtigt

Es macht mich froh, wenn ich sehe wie es manchen davon besser geht und es macht mich traurig, wenn ich sehen muss wie andere immer mehr zerfallen. 

Bildergebnis für r.i.pUnd manchmal, manchmal erfahre ich dann , dass jemand den ich lange kannte den täglichen Kampf gegen die MS verloren hat.

Dani, R. I. P.  es war eine Freude dich kennen zu dürfen. 

 
Dieses Mal war ich fast zwei Jahre nicht mehr in der MSK gewesen, war zwischenzeitlich in eine tiefe Depression gefallen, habe mir daraus heraus helfen lassen und versuchte mein Leben wieder einigermaßen in den Griff zu bekommen, im ständigen Kampf mit Krankenkasse,Rechnungen von Ärzten, Kliniken und Kostenträgern. 

Das Gehen war zusehends beschwerlicher, dafür die Schmerzen immer stärker geworden,die gnadenlose Erschöpfbarkeit übermächtig und die Augen zeigten zum zweiten Mal seit 20 Jahren Doppelbilder. 

Also überwies mich mein Neurologe in die Klinik. 

Und das war auch gut so. 

Nach fünf Wochen intensiver Krankengymnastik hat sich das Gehen deutlich stabilisiert, die Doppelbilder verschwanden nach einer Cortison Gabe und die kognitiven Einbußen stellten sich mehr als Folge der Depression heraus.

Auch die allgegenwärtigen Schmerzen konnten mit angepasster Medikation auf ein erträglicheres Maß gesenkt werden.

Lediglich die Erschöpfbarkeit ließ sich nicht wirklich beeinflussen.

Es ist auch schwer, eine Mischung zwischen der Dosis der schmerzsenkenden Medikamente und der, durch diese naturgemäß ausgelösten höheren Müdigkeit, zu finden.

Alles in allem ein für mich medizinisch erfreuliches Ergebnis, das ich wohl grossteils den kompetenten Ärzten und Therapeuten zu verdanken habe.

Andererseits hatte ich in diesem Aufenthalt mehr als sonst mit den Schicksalen zu kämpfen die mir auf jeden Schtitt begegneten.(Naja eigentlich bin ich ja gerollt)

Da waren auf der einen Seite sehr junge Mitpatienten, die zum ersten mal in der MS-Klinik waren, auf der anderen Seite solche, die ich schon mehr oder weniger lange kannte und die teils erschreckend stark abgebaut hatten. 

Die Einen, der jüngste war gerade mal 16 Jahre alt, blickten mit einer Mischung aus bedrückender Angst und dem Drang zu helfen auf die vielen Rollstuhlfahrer, die Anderen saßen in Pflegerollstühlen, kaum in der Lage an ihren Zigaretten zu ziehen, die man ihnen an den Mund halten musste, geschweige denn in der Lage, sich zu artikulieren. 

Die Einen, durch die Diagnose erst kürzlich aus ihrer Lebensplanung gerissen, die Anderen schon mit mehr als einem Bein über einem Abgrund hängend , angstvoll darauf hoffend, dass sie sich nicht in eine atmende Stange Sellerie verwandeln.

Eine Frage bohrte sich immer tiefer in mein Bewusstsein: "Wieviel sollte ein Mensch ertragen müssen und wo ist meine eigene Grenze des Erträglichen?"

"Die Würde des Menschen ... " steht in unserem Grundgesetz. Doch wo hört diese auf?
  


Trotzdem überwogen auch bei diesem Aufenthalt wieder die positiven Eindrücke.

Ich durfte wieder sehr interessante Menschen kennenlernen und habe Andere wiedergetroffen und neu erfahren, warum ich sie schon immer mochte. 

Ihr wisst schon Wen ich alles damit meine. 

Allen Betroffenen wünsche ich die Kraft, mit dieser heimtückischen Krankheit mutig umzugehen und das Glück, von ihren heimtückischsten Auswirkungen verschont zu bleiben. 

Take care and live every moment with all the deepness of your soul.