Montag, 28. Dezember 2015

Tropicana, Cohibas und Mulatten




...  Nachdem ich einige Zeit mit den "alten Herren" mitten in Havana trinkend und lachend zusammen gesessen hatte, wurde es leider Zeit mich zurück auf den Weg zum Schiff zu machen. Schließlich wollte ich mich noch auf den Abend im "Tropicana" vorbereiten und musste auch noch den Weg zum Hafen finden. 

Also verabschiedete ich mich mit freundlichem Handschlag von meinen neuen Bekannten und sie spielten für mich ein letztes Lied, das langsam immer leiser wurde und schließlich verklang. 

Der Hafen war schnell gefunden und ich begab mich auf meine Kabine, um mich noch etwas hinzulegen, obwohl ich keinen Schlaf finden wollte.

Zu viele Eindrücke gingen mir durch den Kopf und die Musik der Strassenmusiker hallte immer noch in meinen Ohren.
Bilder von Che Guevara, alten amerikanischen Limosienen und der unvergleichlichen, flimmernden Luft der Karibik liefen vor meinem inneren Auge ab. 

Schließlich wurde es Zeit mich aufzumachen und ich richtete mich zu einer kubanischen Nacht im "Tropicana".  20:00 Uhr war Abfahrt bei den Bussen vor der Anlegestelle.  Meine Musikerfreunde hatten "Dienst"  für die Zurückgebliebenen und verabschiedeten sich von mir mit dem Auftrag ihnen zu berichten und so ging es wieder in einen der mit bunten Schildern gekennzeichneten Busse. 
Nach kurzer Fahrt kam wir schließlich am Tropicana an.
Ich weiß nicht ob ihr das auch kennt, wenn man zum ersten Mal irgendwo ankommt und die Vorstellung sich so gar nicht mit der Realität deckt?
Ein riesiger Busbahnhof voller Reisebusse erwartete uns und Schlangen von Menschen wurden durch Absperrungen gezwengt, die die Massen in drei geordnete Schlangen teilten, um sie anschließend, nach der Kartenkontrolle, wieder in einem Pulk auszuspucken. 
Ich befand mich nun im Inneren eines der berühmtesten Nachtclubs der Welt und was ich zu sehen bekam erinnerte mehr an einen bayrischen Biergarten als an die Mondänität eines berühmten Vergnügungstempels der Reichen und Schönen. 
Dort wo ich gedeckte Tische mit Champagnerkühlern erwarte hatte standen Biertische mit Coladosen und die Ober in schwarzem Livree und weißen Handschuhen, waren missmutig dreinschauende Platzanweiser in Strassenkleidung.
Einzig die überall stehenden riesigen Palmen zeigten mir ansatzweise wo ich mich befand. 


Schließlich war ich mit meinen Mitreisenden an eine der "Bierbänke" verteilt und eine ältere Kubaberin stellte wortlos und ungefragt lauwarme Coladosen und vergilbte, in Folie eingeschweißte Getränkekarten auf den Tisch. 
Ohjeh... 
Wieder einmal fand ich mich inmitten der Errungenschaften des modernen Massentourismus wieder. 

Neunzig Euro hatte ich für die Karte bezahlt,... mit einem Tischgetränk und Busfahrt allerdings. Wenn das so weiter ging, dann hatte ich also 3€  für eine Busfahrt, sagen wir 30€ für ein bisschen Varieté und 57€ für eine Dose lauwarmes Coke bezahlt. Wäre ich doch besser bei den Musikern in der Stadt geblieben und hätte mich mit ihnen gemeinsam gepflegt mit kubanischem Rum die Kante gegeben.
Zum Glück kam es aber doch noch anders.

Inzwischen war es halb zehn und plötzlich wurden die grellen Strahler, die bislang die Szenerie beleuchtet hatten dunkel und nach wenigen Sekunden erschien wie aus den Nichts ein einzelner bunter Lichtkegel, der sich mühsam durch künstlichen Nebel bohrte, auf der bis jetzt unscheinbar schlummernden runden Bühne. 

Ein Trommelwirbel von Bongos und Becken begleitete eine einzelne Tänzerin, die hinter dem sich senkenden Nebelschwaden auftauchte. 

"Welcome to Tropicana. We hope you will enjoy a Night of Karibik in famous Cuban nightclub in wonderful la Habana "  sagte die in einem glitzernden Salsa Kostüm mit riesigem Kopfschmuck bekleidete Schöne. 

Ein letzter lauter Paukenschlag durchdrang mit Gewalt
Was dann losbrach war ein dreistündiges Feuerwerk aus karibischen Klängen und Tanzdarbietungen, das den Legenden die sich um das Tropicana ranken endlich ein Gesicht gab. 


Als dann auch noch eine schöne junge Kubanerin in knappem Kostüm mit freundlichem Lächeln eine Flasche weißen Rum mit einigen Gläsern auf den Tisch stellte, konnte die Nacht unter dem Himmel Havannas beginnen. 

Jetzt machten sogar die Coladosen Sinn...  Cuba liebre. 

Nachdem ich heute auch noch weiss, was eine Dose der klebrigen US-Brause im durch das Embargo abgeschnittenen Kuba kostet, war diese Dose lauwarmen Gesöffes wertvoller als ein Dom Perignon und mit den Rum, im Verhältnis eins zu eins, auch noch genießbar. 

Erst jetzt bemerkte ich, dass rings um und uch über den Sitzbänken überall Bühnen und Stege gebaut waren, die sich nach und nach immer mehr mit knapp bekleideten Tänzerinnen füllten, die ihre jungen Körper in Salsarythmen schüttelten. 

Gegen ein Uhr morgens war das Spektakel zu Ende und der Inhalt der runden Freiluftarena ergoss sich wieder nach Aussen und verteile sich auf die wartenden Busse. 

Obwohl die Musik schon lange nicht mehr erklang, vibrierte die Luft immer noch auf seltsame Weise im Salsatakt. 

Wieder auf dem Schiff angekommen begab ich mich zuerst zu einem der beiden rund um die Uhr geöffneten Restaurants um noch eine Kleinigkeit zu essen. 

Dort traf ich die Jungs, die nach getaner Arbeit auch noch Hunger und vor allem Durst zu haben schienen. 

Peter erzählte, dass er über das Internet Kontakt zu einem Musikerkollegen geknüpft hätte, der in einem kleinen Club hier in Havana spielen würde. Da in der kommenden Nacht geplant war, dass kubanische Tänzer und Musiker das Showprogramm auf dem Schiff beschreiten silkten, hatten die Jungs da frei und wir beschlossen, den Club gemeinsam zu besuchen, in dem Pauls Kontakt "Anchel" spielte, um echte kubanische Musik zu erleben. 

Nach ein paar kleinen Bieren verabschiedeten wir uns und ich begab mich müde in meine Kabine um mir ein paar Stunden Schlaf zu gönnen.

Hinter meinen zum Schlaf geschlossenen Augen tanzten noch lange die vibrierenden jungen Körper im Salsatakt, bis ich schließlich in liefen Schlaf sank.







Donnerstag, 24. Dezember 2015

Frohe Weihnachten und ein super Jahr 2016

All rights by original artist

Merry Christmas and a marvelous year 2016 for everybody who's reading this.

Mittwoch, 16. Dezember 2015

Alder, weiss ich wo deine Haus wohnd

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Also Sachen gibt es, die gibt es eigentlich gar nicht. 

Da weiß man nicht mehr, ob man sich ärgern soll, oder sich doch besser köstlich amüsiert. 

Zuerst muss ich euch dazu einen der Protagonisten meines kleinen Erlebnisses vorstellen,...
mein Sturmfeuerzeug. 

Eigentlich ist es mehr so eine Art kleiner Bunsenbrenner, mit einer ca. 5cm hohen, fast unsichtbaren Flamme. 

Da ich an diesem Freitag Abend zu einem vierzigsten Geburtstag eingeladen war, fuhr ich über Passau, um dort in der Stadtgallerie noch das vorbestellte Geschenk abzuholen.

Die junge Verkäuferin die mich bediente, war noch nicht ganz mit dem Verpacken fertig, so dass ich mich entschloss, vor dem Eingang zu der Einkaufspassage noch eine Zigarette zu rauchen. 

Die Eingangstüren öffnen hier nicht automatisch, können aber über Schalter, gekennzeichnet mit einem Rollstuhlzeichen, geöffnet werden. 

Diese Schalter sind allerdings so clever angebracht, dass man sich als Rollstuhlfahrer beeilen muss, damit die Tür nicht schon wieder schließt, bevor man hindurch fahren konnte. 

Ich drücke also die Taste und fuhr dann schnell um den aufklappenden Türflügel herum durch die sich auftuende Öffnung. 

Zur gleichen Zeit versuchten zwei junge Männer um die zwanzig, gefolgt von drei Frauen etwa im selben Alter, die Gunst zu nutzen und drückten sich an mir vorbei durch die Tür, wahrscheinlich weil sie sich die Arbeit sparen wollten, diese manuell zu öffnen. 

Dem Einen, klein, dick und mit seltsamen Zöpfchen mitten auf dem Kopf, ausweichend, fuhr ich dem Anderen, noch kleiner, dünn, mit an den Seiten kurzen und auf dem Kopf steil nach oben gestellten Haaren, mitten über den Fuß. 

"Hey,  Alder, kanns du ned aufpassen" rief er in diesem unsäglichen Straßenslang 

"Aufpassen muss ich nur auf kleine Kinder und schwangere Frauen " entgegnete ich und fuhr hinaus, um meine Zigarette anzuzünden.

Kaum hatte ich mein Plätzchen gefunden und wollte mir selbst Feuer geben, kam der verkappte Rapper wieder um die Ecke und baute sich vor mir auf. 

Jetzt konnte ich mir die Frisur und den Träger besser anschauen.
Er war klein, schmächtig, und offensichtlich von südländischer Herkunft. Ich tippte auf irgendwas zwischen Bosporus und Mittelasien herum.
So stand er also vor mir, der ich im Rollstuhl sitzend etwas, wenn auch nicht viel, nach oben schauen musste. 

"Ey, Alder...  Magst du Ärger, hä?
sagte er laut, mit einem Seitenblick auf seine Begleiter, die ihm mittlerweile gefolgt waren... 

Inzwischen hatte sich mein Körper in diesen seltsamen Modus geschalten, in welchem das einschiessende Adrenalin ein leichtes Zittern in die Beine schießen lässt und sämtliche Sinne schärft, während er gleichzeitig auf erhöhte Wachsamkeit stellt.
Ohne eine Antwort stand ich auf, immer noch die unangezündete Zigarette im Mund und das Feuerzeug in der Rechten. 

Ich überragte den Bushido-Verschnitt um Weiten und seine, mit was auch immer steil nach oben geklebten Haare, erreichten gerade mal meine Nasenspitze, während er wohl meinen Adamsapfel beobachten musste.

Spürbar verunsichert versuchte er seiner Stimme besonderen Nachdruck zu verleihen.

"kannst du Entschuldigung? " presste er hervor und gab seiner Forderung, Nachdruck indem er mich mit flacher Hand anstupste, so dass ich wieder in meinem, zum Glück hinter mir stehenden, Rollstuhl zu sitzen kam.

Noch bevor er sich über diesen, wohl unerwarteten, Erfolg richtig freuen konnte, stand ich auch schon wieder vor ihm.
Es wundert mich immer wieder, welche Reserven der Körper in Extremsituationen aktivieren kann um Aktionen auszuführen, die man willentlich nie erreichen würde.

So auch jetzt. 

Inzwischen hatte sich schon eine kleine Traube Neugieriger versammelt, wohl um sich durch das kroteske Bild den Feierabend etwas spannender zu gestalten. 

"Machst du jetzt Entschuldigung" forderte "Mini-Bushido", durch seinen Erfolg hörbar gestärkt und durch die Neugierigen zusätzlich angetrieben, jetzt mit deutlich festerer Stimme. 

...Es gibt ein paar Dinge die ich noch nie leiden konnte und dazu gehört, wenn Fremde mich unaufgefordert berühren.
Seit ich im Rollstuhl sitze empfinde ich dies doppelt respektlos und entwürdigend.
Es macht mich wütend und auch durchaus aggressiv. 

"Nimm deine Finger weg kleiner Mann, sonst passiert am Ende etwas, was wir beide nicht wollen" gab ich ihm mit düsterem Blick zurück, während ich mir endlich die Zigarette anzündete. 

Kaum ausgesprochen, spürte ich schon seine Faust auf meinem linken Brust Muskel.
Auch wenn er dieses Mal die Faust benutzt hatte, war ich vorbereitet und mit genügend Wut ausgestattet um standhaft zu bleiben. 

In der rechten Hand mein Sturmfeuerzeug haltend ging jetzt alles schnell und automatisch. 

Der rechte Daumen drückte nach unten und die unsichtbare Flamme schoß mit einem Zischen heraus, während die Hand die es festhielt einmal an der Hinterseite der "Frisur" meines Angreifers entlang fuhr. 

Ich weiss bis heute nicht, mit welchem Mittel er seine Haare behandelt hatte, aber ich weiss jetzt,...  es war leicht entzündlich....  Sehr leicht... 

Während er wild gestikulierend auf seine Haare einschlug, hatte eine Stichflamme in Sekundenbruchteilen das Meiste seiner "Frisur" abfefackelt und ihn schlagartig noch kleiner gemacht. 

"Ich rufe Polizei... " schrie er mit Tränen in den Augen..." 

"Des machst, Birschel, dene erzähl mer scho wosd fir einer bist... " rief ein älterer Herr unter den Zuschauern. 

Erst jetzt, als sich mein Adrenalin senkte, hörte ich den Applaus der kleinen Ansammlung.
Fast hätte der Rapper-Verschnitt mir leid getan, der weinend wie ein kleiner Junge, begleitet vom hämischen Gekicher seiner Begleiter von Dannen zog. 

So hatte ich das weder gewollt, noch mit Vorsatz gemacht.

Andererseits wird er sich in Zukunft sicher überlegen, ob er wieder einmal einen Rollifahrer als leichtes Opfer betrachtet.